Von Kindheitsträumen zu verlorenen Idealen

Pur’s Song “Indianer” wirft einen melancholischen Blick auf den Verlust kindlicher Ideale und Werte, die einst in den “Indianer”-Spielen der Kindheit symbolisiert wurden. In der Eröffnung wird die Frage gestellt: “Wo sind all die Indianer hin? Wann verlor das große Ziel den Sinn?” Diese Fragen bilden das zentrale Motiv des Liedes und ziehen sich wie ein roter Faden durch die gesamte Komposition. Die erste Strophe malt ein Bild der Unschuld und des Zusammenhalts. Kinder verkörpern “Brüder vom Stamm der Gerechtigkeit”, die “bunt bemalt” und mit “wildem Schrei” für das Gute standen. Hier wird eine Idealgesellschaft skizziert, in der Ehrenworte heilig waren und Verrat und Lüge nur dem “Bleichgesicht” zugeschrieben wurden.

Rhetorik und Symbolik

Der Text arbeitet mit einer Vielzahl von Metaphern und symbolischen Elementen. Die “Indianer” stehen für Werte wie Ehre, Mut und Solidarität. Diese Metapher wird durch den Verweis auf historische Figuren wie “Chingachgook”, den letzten Mohikaner, vertieft. Die Frage “Wann verlor das große Ziel den Sinn?” impliziert einen moralischen Verfall und den Verlust dieser Werte. Diese Bilder werden durch die Gegenüberstellung mit der heutigen Realität verdeutlicht. Der “Kleine Büffel” und die “geschmeidige Natter” repräsentieren Personen, die sich dem kapitalistischen System angepasst haben und ihre ursprünglichen Ideale verraten haben.

Emotionale Tiefe und Gesellschaftskritik

Der Text weckt Gefühle von Nostalgie und Trauer über den Verlust der Kindheitsunschuld. Doch darüber hinaus ist er eine scharfe Gesellschaftskritik. Pur hinterfragt, wie viele “Träume dürfen platzen, ohne dass man sich verrät?” Diese rhetorische Frage fordert den Hörer auf, über die eigene Komplizenschaft in einem System nachzudenken, das persönliche Werte dem Erfolgsstreben opfert. Die Metapher der “Friedenspfeife”, die über dem “Videogerät” baumelt, symbolisiert den Verlust traditioneller Werte und die Oberflächlichkeit moderner Unterhaltungskultur.

Struktur und sprachliche Wahl

Der Song ist strukturiert in klar abgegrenzte Strophen und einen eingängigen Refrain, der immer wieder die zentrale Frage wiederholt: “Wo sind all die Indianer hin?” Diese Wiederholung verstärkt das Gefühl des Verlusts und der Sehnsucht. Die Wahl einfacher, aber kraftvoller Worte macht den Text zugänglich und nachvollziehbar, während die Verwendung historischer Referenzen eine tiefere kulturelle Schicht hinzufügt.

Ein Spiegel der modernen Gesellschaft

Verschiedene Lesarten des Textes sind möglich. Einerseits kann er als nostalgische Rückbesinnung auf verlorene Kindheitswerte interpretiert werden, andererseits als klare Anklage gegen eine Gesellschaft, die diese Werte aufgegeben hat. Der Song könnte auch als Aufruf verstanden werden, die verbliebenen “vom Stamme der Schoschonen” zu unterstützen, die “ihre Versprechen nie zurücknehmen”. Auf persönlicher Ebene resoniert der Text mit dem Hörer, indem er die Diskrepanz zwischen Kindheitsträumen und Erwachsenwerden thematisiert. Gesellschaftlich gesehen ist er eine Erinnerung daran, dass es auch heute noch Menschen gibt, die für Gerechtigkeit und Ehre einstehen.

Insgesamt regt Pur’s “Indianer” zum Nachdenken über persönliche Werte und gesellschaftliche Entwicklungen an und hinterlässt einen bleibenden Eindruck durch seine poetische und emotionale Tiefe.

Liedtext

Wo sind all die Indianer hin?
Wann verlor das große Ziel den Sinn?

Dieses alte Bild aus der Kinderzeit
Zeigt alle Brüder vom Stamm der Gerechtigkeit
Wir waren bunt bemalt und mit wildem Schrei
Stand jeder stolze Krieger den Schwachen bei
Unser Ehrenwort war heilig
Nur ein Bleichgesicht betrog
Und es waren gute Jahre
Bis der erste sich belog

Wo sind all die Indianer hin?
Wann verlor das große Ziel den Sinn?
So wie Chingachgook für das Gute stehen
Als letzter Mohikaner unter Geiern nach dem Rechten sehen

Der Kleine Büffel spielt heute Boss
Er zog mit Papis Firma das große Los
Geschmeidige Natter sortiert die Post
Und in seiner Freizeit sagt er meistens „Prost!“

Und die Friedenspfeife baumelt
Überm Videogerät
Wie viel Träume dürfen platzen
Ohne dass man sich verrät?

Wo sind all die Indianer hin?
Wann verlor das große Ziel den Sinn?
So wie Chingachgook für das Gute stehen
Als letzter Mohikaner unter Geiern nach dem Rechten sehen

Es gibt noch ein paar wenige vom Stamme der Schoschonen
Die finden sich, erkennen sich am Blick
Und deren gute Taten kann man nur durch Freundschaft belohnen
Sie nehmen ein Versprechen nie zurück

Und die Friedenspfeife baumelt
Überm Videogerät
Wie viel Träume dürfen platzen
Ohne dass man sich verrät?

Wo sind all die Indianer hin?
Wann verlor das große Ziel den Sinn?
So wie Chingachgook für das Gute stehen
Als letzter Mohikaner unter Geiern nach dem Rechten sehen

(Wo sind all die Indianer hin?)
Wo sind all die Indianer hin?
(Wann verlor das große Ziel den Sinn?)
Wo sind all die Indianer hin?
(So wie Chingachgook für das Gute stehen)
Wo sind all die Indianer hin?
(Als letzte Mohikaner unter Geiern nach dem Rechten sehen)
Wo sind all die Indianer hin?

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